Die Bäuerin als engagierte Managerin
Einen Haushalt zu führen, galt bis vor kurzem als unentgeltliche, minderwertige, von Frauen ausgeführte Arbeit. Dass Haushaltsarbeit eine anspruchsvolle Aufgabe ist, mit der anständig Geld zu verdienen ist, haben die Bäuerinnen des Kantons Luzern eindrücklich bewiesen.
«Wir sind sehr zufrieden», sagt Claudia Bucher-Estermann. «Wir dürfen ein konstantes, qualitatives Wachstum verzeichnen.»
Die 49-Jährige mit der kecken Kurzhaarfrisur redet manchmal wirklich wie eine Managerin. Dabei besucht sie doch noch die Schule für Geschäftsfrauen. Denn in erster Linie ist sie Mutter von vier Kindern, Hausfrau, Bäuerin, gelernte Krankenschwester. Aber eben auch Geschäftsführerin und Initiantin des Unternehmens agriHome, dem Haushalt- und Betreuungsservice in der Region Luzern.
Das Angebot der Firma heisst: «Dienstleistungen für Ihr Zuhause». So verspricht es die Website: Es werden sämtliche Haushaltsarbeiten wie Putzen, Waschen, Bügeln oder wie Einkauf, Kinder- und Seniorenbetreuung übernommen. Die Stunde kostet 40 Franken. Putzmittel und Geräte stellt der Kunde zur Verfügung. Reine Pflegeeinsätze gibt es nicht. Dadurch unterscheidet sich agriHome von der Spitex oder von einem normalen Reinigungsinstitut.
«Wenn ich gewusst hätte, dass… »
Einfaches Konzept, simple Umsetzung, garantierter Erfolg? So leicht hatten es Claudia Bucher-Estermann und ihr Team nicht. «Wenn ich gewusst hätte, was alles auf mich zukommt, vor allem Arbeitsrechtlich, versicherungstechnisch und juristisch, hätte ich möglicherweise die Finger davon gelassen. Wir haben in den vergangenen Jahren viel gelernt …»
Angefangen hat es nämlich damit, dass sie als ehemalige Präsidentin der Luzerner Bäuerinnen vom Betriebshelferinnendienst Entlebuch um Unterstützung angefragt wurde. Dort war nicht mehr alles im Lot, und Claudia Bucher hat sich der Sache angenommen. Und neu erfunden. AgriHome war geboren, aber nahezu unbekannt. Für Werbung braucht es Geld. Das aber war nicht vorhanden. Als Claudia Bucher dann vom agroPreis hörte, sah sie dies als Marketingchance:
«Uns ging es nur um die Nomination. Wenn wir für den Preis in die engere Wahl kämen, würden die Medien über uns berichten.» So war es auch. Und noch mehr Medien berichteten, als die agriHome-Damen am Ende den Preis gar gewannen. Zudem verschaffte die Preissumme den Jungunternehmerinnen etwas Luft.
1100 Arbeitsstunden pro Monat
Nun gibt es die Firma schon über fünf Jahre. 43 Mitarbeiterinnen Arbeiten im Stundenlohn, nur die Vermittlerin ist fest angestellt. Rund 1100 Arbeitsstunden werden pro Monat geleistet, was einen Jahresumsatz von einer halben Million Franken ergibt.
Das sind beeindruckende Zahlen. «Natürlich», sagt Claudia Bucher. «Aber viel mehr Genugtuung empfinden wir dabei, dass die Haushaltsarbeit eine Wertschöpfung erfahren hat. Viele Hausfrauen sagen mir auch, dass sie stolz auf ihre Arbeit sind.» Das Projekt läuft zwar immer noch unter dem Titel «Eine Offensive der Luzerner Bäuerinnen», doch verdienen längst nicht nur Bäuerinnen ihr Geld bei agriHome. Viele Frauen würden diese Arbeit als Überbrückung nutzen, sagt Claudia Bucher. Oder als Wiedereinstieg. Ebenso kunterbunt sei auch die Kundschaft. «Wir haben Manager, Familien und Senioren», erklärt Claudia Bucher-Estermann. «Ein Viertel unserer Kunden stammt aus der Landwirtschaft.» Bäuerinnen nehmen den Service in Anspruch, um sich im Haushalt zu entlasten, weil sie oft sehr stark im Betrieb engagiert sind. Sie sind froh um gelegentliche Unterstützung durch agriHome.
Wie die Managerin einer Grossfirma nennt auch Claudia Bucher-Estermann die Qualität als Erfolgsrezept. Deshalb veranstaltet sie für ihre Mitarbeiterinnen Weiterbildungskurse. Denn für sie ist klar, dass die Bezeichnung «Eine Offensive der Bäuerinnen» verpflichtet: «Bäuerinnen gelten als besonders gute Hausfrauen!»
Informationen zum Projekt